Haushaltsrede 2021

Julian Wohlfahrt

Herr Bürgermeister, sehr verehrte Damen, sehr geehrte Herren des Rates der schönen Stadt Recklinghausen...

in meiner letzten Rede habe ich mich von Ihnen allen, zumindest den Kolleginnen und Kollegen in diesem Haus, die bereits in der letzten Legislatur dabei waren, verabschiedet und anklingen lassen, dass es sich eventuell um meine letzte Haushaltsrede handeln könnte. Ich freue mich, dass meine Partei mir das Vertrauen ausgesprochen hat, sie als Fraktionsvorsitzender noch ein Stück weit anführen zu dürfen.

Daher begrüße ich ganz herzlich alle alten und neuen Mitstreiter! Ich durfte hierzu ja bereits bei der konstituierenden Sitzung am 02.11.2020 etwas ausführlicher sein.

Corona geschuldet, halte ich – wie angekündigt – dieses Jahr keine Rede. Ich reiche ein Manuskript zur Verbreitung an alle ein. Ich hoffe es wird eine halbwegs spannende Lektüre mit Erkenntnisgewinn für alle!

Meine immer wiederkehrende Forderung, die Belastung der Bürger und Unternehmen unserer Stadt auf das Notwendige zu minimieren, möchte ich in diesem Jahr an den Anfang meiner Haushaltsrede bzw. des Manuskripts stellen! Hierzu gehört die Senkung der Abgaben und kommunalen Steuern auf die niedrigst mögliche Stufe.

Meinetwegen kann unsere Stadt zum Discounter auf diesem Gebiet werden. Discounter sind übrigens eine Erfolgsgeschichte. Aldi, Lidl, Netto und Co, sind glänzende Beispiele dafür. Diese Versorgungsunternehmen erzielen ihre Gewinne nicht durch überh.hte Preise, sondern durch Menge. Ich habe mich immer dafür ausgesprochen, die Menge der Unternehmen und Bürger in Recklinghausen zu erhöhen.

Eine ausgewogene Steuer- und Abgabenpolitik ist eine der grundsätzlichen

Voraussetzungen für die Ansiedlung; für den Erfolg!

Ich bleibe dabei:

Je mehr Schultern sich an der Finanzierung dieserschönen Stadt beteiligen, desto weniger muss jederpersönlich tragen, denn die Ausgaben dienen in der Regel der Gemeinschaft. In der Vergangenheit sind leider mehr Großunternehmen geschlossen worden, als sich Neue gegründet oder angesiedelt haben. Wir müssen daher bei der Anzahl der Arbeitsplätze eine negative Entwicklung feststellen.

Ich wiederhole mich:

Es ist höchste Zeit zu Handeln. Wir müssen uns für Unternehmen interessant machen! Zwar wird kein Unternehmen Recklinghausen wegen der Höhe der Gewerbesteuer verlassen. Aber bei der Standortauswahl spielt es natürlich eine mitentscheidende Rolle. Wir haben eine tolle Infrastruktur, Wasserstraßen, Schiene und Autobahnanbindungen sind perfekt.

Bieten wir zusätzlich technische Voraussetzungen für Startups.

Legen wir Breitbandkabel und stellen Ladesäulen für Stromfahrzeuge! Machen wir es den Recklinghäuser Hochschulabsolventen schmackhaft, ihre beruflichen Ziele hier zu verwirklichen. Ziehen wir dem Gewerbegebiet Blumenthal den „Nadelstreifenanzug“ aus und den „Blaumann“ an. Im Ortloh haben wir gezeigt, wie es gehen kann. Der arrogante – weil Hürden zu hoch – Vermarktungsversuch „Blumenthal“ ist gescheitert!!! Was wir aber gut hinbekommen ist die Erschließung von Wohnraum.

Die Maybacher Heide hat sich prächtig entwickelt. Ein Zusammenleben von ganz jung bis ganz alt, und allen, die mit den Geburtstagen dazwischen liegen. Nach den erwähnten Discountern, die zweite Erfolgsgeschichte! Wir haben sogar die echte Chance auf eine weitere Erfolgsgeschichte in diesem Bereich! Das Gelände der alten Trabrennbahn ist bereitet! Die Gebäude sind entfernt und die Büsche und Bäume gerodet.

Was nun?

Auf den Tagesordnungen der informellen Ausgleichsveranstaltungen zu den pandemiebedingt abgesagten Fachausschüssen finden sich die Planer dieses Gebietes wieder. In langen, spannenden Präsentationen können wir skizzierte Gebäude um einen skizzierten See mit skizzierten Bäumen bestaunen. Ein toller Eindruck, bis der fade Beigeschmack aufkommt. Was hier vorgestellt

wird, trägt eine schwerwiegende ideologische Handschrift. Das Konzept sieht vor, dass das Leben dort „autoarm“ wird, zum Glück nicht „autofrei“!

Auf der gesamten Fläche soll es nur wenige Parkplätze geben. Es werden noch weniger, wenn die Quote von vorzuhaltenden Behindertenparkplätzen eingehalten wird. Die Planer sehen derzeit drei zentrale Sammelplätze, eventuell in mehreren Etagen, vor. Zwischen den Sammelplätzen sollen die Versorger wie Frischemarkt etc. liegen. Ich habe große Sorge vor diesem Plan. Er ist nicht

zeitgemäß. Ein solches Konzept funktioniert in Feriendörfern. Das ist idyllisch. Aber nicht alltagstauglich. Natürlich bin ich alt. Nachkommende Generationen sehen das bestimmt nicht mit meinen Augen. Es gibt auch Gegenden, in denen man auf Autos am Wohnort verzichtet. Das ist aber nur dort denkbar, wo man auch in der Nähe zu seinem Arbeitsplatz lebt, zum Beispiel in der Altstadt, wo man darüber nachdenken muss, nicht mehr benötigte Gewerbeflächen zu Wohnraum umzugestalten.

Auf dem Gelände der alten Trabrennbahn ist das gerade nicht der Fall.

Hier sollen zwar 200 Arbeitsplätze entstehen, diese beziehen sich aber auf die anzusiedelnden Nahversorger und Betreuungsangebote. Also keine klassischen Berufe von Häuslebauern und Anwohnern eines solch exponierten Standortes. Bleiben wir lebensnah! Derzeit ist die Situation noch so, dass nahezu jede Familie ein Auto benötigt. Sämtliche Alternativen sind schon lange auf der Tagesordnung. Bessere ÖPNV-Verbindungen, Car-Sharing, Homeoffice etc.. Der Umstand, dass sie bis heute nicht ernsthaft von der Bevölkerung angenommen werden und nicht boomen, zeigt, dass der Wunsch solcher Ideologen von der Lebenswirklichkeit eklatant abweicht. Lassen Sie Träume nicht dazu führen, dass die Umgestaltung des Trabrennbahngeländes keine Erfolgsgeschichte, sondern eine schwere Geburt wie Blumenthal wird. Binden wir die Bürger ein und kauen ihnen nicht alles vor! Sie sind mündig, ob die Freunde der Grünen das wollen oder nicht!

Sie sind mündig!

Übrigens mündig!

Man hat ja in der jüngeren Vergangenheit den Eindruck gewinnen müssen, dass die POLITIKER keinen guten Ruf in der Gesellschaft haben. Betrifft natürlich nicht Sie liebe Kolleginnen und Kollegen! Aber Sie werden davon gehört haben. Woran liegt das? Eigentlich stehen die meisten Politiker – ob Berufs- oder kommunale Hobbypolitiker – morgens auf, um die Gesellschaft nach vorne zu bringen. Aber es wird von ihnen erwartet, dass alle Entscheidungen sofort positive Wirkungen haben, obwohl es nicht für alles ein Patentrezept gibt. Das kann also tatsächlich nicht erwartet werden. Dennoch tragen wir die Schuld an allem, was nicht passt.

Eine Erklärung:

Vieles von dem was die Politik macht, ist, nicht selbst Pläne und Strategien zu entwickeln, sondern eine Reaktion auf die Stimmung der Bevölkerung. Wenn bei Facebook, Instagram etc. oder den klassischen Medien der Zuspruch kippt, wird durch Symbolpolitik geantwortet. Auch in unserer Stadt, wenn auch nicht durch unsere Entscheidung.

Unser Symbol steht auf dem Konrad-Adenauer-Platz, – unser Impfzentrum.

Als die Menschen die harte Wirklichkeit erfahren mussten, dass sie Weihnachten alleine feiern müssen, hat man im Bund und den Ländern schnell beschlossen, überall Impfzentren errichten zu lassen und angekündigt: ab dem

27.12.2020 – also unmittelbar nach Weihnachten – wird dort geimpft.

Der Bundesgesundheitsminister hat Sicherheitsdienste gefordert, weil er impfwillige Vordrängler abwehren wollte um die Reihenfolge einzuhalten. Also wurde für viel Geld, welches der Kreis bezahlen muß, eine Zeltanlage gemietet. Zunächst für 6 Monate mit der Option um 12 Monate zu verlängern. Wir mußten aber feststellen, dass die ersten 6 Wochen der Mietzeit vollkommen unsinnig waren, weil der Impfstoff überhaupt noch nicht zur Verfügung stand. Es konnte dort nicht eine Spritze aufgezogen werden. Aber der Zweck dieses Impfzentrums wurde erreicht. Die Menschen haben sich in dem Glauben daran, dass hierdurch alles besser wird und Corona endlich auf dem Weg in die Geschichtsbücher ist, gefügt und Heiligabend auf Kirchgänge und Familie verzichtet. Die erste Nadel im Impfzentrum traf am 08.02.2021 einen Oberarm. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Enttäuschung der Bürger schneller verbreitet als das Virus selbst.

Schade!

Jeder Handelnde muss wissen, dass nicht eingehaltene Versprechen zu Unverständnis und Enttäuschung führen werden. Hinzu kommen die versprochenen Unterstützungen für Buchhändler, Boutique-Besitzer, Friseure und viele mehr, die einfach nicht ausgezahlt werden. Ohne Unterstützung kann man einen solchen Antrag ohnehin nicht stellen. Spätestens, seit der Plan  besteht, die Friseure ab dem 01.03.2021 wieder ihre Kunst ausüben zu lassen, hat jeder Zweifel an dem was da entschieden wird. Ein Tennisspiel zwischen Eheleuten und vieles mehr bleibt verboten. Warum eine höhere Ansteckungsgefahr in Kaufhäusern, Schuhgeschäften oder Baumärkten besteht, als in Supermärkten, wird nicht deutlich erklärt. Was hat das alles mit dem Haushalt 2021 der Stadt Recklinghausen zu tun?

Vieles!

Wir haben uns im Rahmen des HSP in den letzten Jahren sehr zusammengerissen und unsere Finanzen in den Griff bekommen. Die Liquiditätskredite wurden um ca. 170 Millionen Euro abgebaut. Jetzt, auf der Zielgeraden des HSP, fordern einzelne Parteien im Haus, wieder aus dem Vollen zu schöpfen und Schulden zu machen. Haben Sie eigentlich nichts gelernt, Herr Cerny, lieber Frank? Erich? Ihr anderen?

Wie wollen wir die Schulden jemals zurück zahlen? Lassen Sie uns nicht zu Spahn und Co. werden und auf reine Symbolpolitik setzen.

Ich habe zu Beginn dieser Ausführungen meine Forderungen gestellt und Vorschläge gemacht, das ist aus meiner Sicht und der der FDP reale und bodenständige Politik und um so wichtiger in der jetzigen Zeit, da wir nicht wissen, wie sich die Pandemie finanzpolitisch auswirken wird.

Wenn wir immer transparent und ehrlich unsere Dinge vertreten, ist am Ende kein Bürger enttäuscht. Meine Damen und Herren, wir haben den HSP gut gemeistert! Wir dürfen stolz sein, wir alle, die Menschen in diesem Hause, Verwaltung und Politik und nicht zu vergessen, die Bürger in unserer Stadt, stolz sein über die Zeit und den Umgang mit den Einschränkungen.

Ich bin sicher, auch in Zukunft werden wir alles daran setzen, einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen!

Meine Damen und Herren, wir, die FDP, werden alles dafür tun, diese lebens- und liebenswerte Stadt zu einem attraktiven und nachgefragten Wirtschaftsstandort zu machen, um Arbeitsplätze zu erhalten und neue zu schaffen.

Die kleine freie Spitze in Höhe von ca. 300.000 Euro sollte aus unserer Sicht in den Haushalt zur weiteren Konsolidierung einfließen.

Daran lassen wir aber unsere Zustimmung zum Haushalt nicht scheitern.

Die FDP stimmt dem Haushalt für das Jahr 2021 zu!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkei

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